Neues vom Kaunertaler Gletscher (Teil 3): neue 100-Personen Falginjochbahn und Weißseejochbahn
Im letzten Teil der Serie über den Kaunertaler Gletscher (siehe auch Teil 1 und Teil 2) gehen wir auf die aktuellsten Geschehnisse ein, denn nach 11 Jahren ohne Liftprojekt wurde deutlich, dass eine neue Gondel gebaut werden muss. Seit der Wintersaison 2019/2020 verfügt das Tiroler Gletscherskigebiet nun auch über einen nagelneuen 100-Personen-Skilift, einen so genannten Funifor namens Falginjochbahn.
Neue Investitionen dank Sturm
Die neue Falginjochbahn ersetzt zwei Schlepplifte auf dem Weißsee-Gletscher. Das war aber kein „normaler“ Ersatz, denn die Schlepplifte, die zuvor an dieser Stelle standen, wurden nach einem schweren Sturm Ende Oktober 2018 stark beschädigt. Starker Schneefall in Verbindung mit heftigen Windböen löste eine Lawine aus, die dafür sorgte, dass die Liftstützen wie Dominosteine, einen nach dem anderen, einstürzten. Einer der beiden Lifte wurde dabei irreparabel beschädigt. Dieser Schlepplift wurde sofort abgebaut. Der andere wurde kurz vor Beginn der Weihnachtsferien, noch im selben Jahr repariert.
Gletscherschmelze
Durch den Rückzug des Gletschers und die anhaltende Lawinengefahr waren die Weißseeferner-Schlepplifte bereits in Vergangenheit öfter in Schwierigkeiten geraten. Vor allem der letzte Abschnitt wurde von Jahr zu Jahr immer steiler. In den letzten Jahren kamen außerdem stets mehr Felsen zum Vorschein, so dass die Situation allmählich unhaltbar wurde. Daher wurde bereits seit einiger Zeit über einen Ersatz nachgedacht. Ein Sessellift oder eine normale Gondel hat jedoch den Nachteil, dass Gletscherstangen aufgestellt werden müssen. Das kostet jedes Jahr ein Vermögen, denn die Stangen müssen in regelmäßigen Abständen versetzt werden, damit sie nicht mit dem Gletscher „hinunterfließen".
Pendelbahn mit zwei Kabinen
Die neue Falginjochbahn ist ein Funifor, d.h. eine Pendelbahn mit zwei Kabinen, die unabhängig voneinander nach oben oder unten fahren können. Die Gondel startet direkt neben dem Parkplatz beim Gletscherrestaurant und endet auf dem 3113 Meter hohen Falginjoch. Ein großer Vorteil eines Funifors ist, dass er sehr windstabil ist. Mit einer Fahrzeit von 3,9 Minuten kann die Kabine alle 10 Minuten 100 Personen auf den Berg befördern.
Da in der ersten Wintersaison des neuen Lifts nur eine der beiden Gondelsektionen in Betrieb war, hatte die Falginjochbahn eine Kapazität von nur 600 Personen pro Stunde. Die beiden Schlepplifte, die zuvor dort standen, erreichten eine Kapazität von 1440 Personen pro Stunde. Mit der Fertigstellung des Baus ist dieses kurzfristige „Kapazitätsproblem“ aber bereits behoben, denn seit letzter Wintersaison ist auch der Bau der zweiten Gondelsektion abgeschlossen. Damit erreicht die Falginjochbahn eine Gesamtkapazität von 1200 Personen pro Stunde.
Mit dem Bau der neuen Falginjochbahn sind außerdem alle Lifte im Skigebiet barrierefrei und für alle Wintersportler zugänglich. Und die neue ‘Monobob-Lane’ schafft einen eigenen Zugang für Monoskifahrer.
Mehrere neue Pistenabschnitte
Ein großer Vorteil, den der Bau des Funifors mit sich brachte, war, dass das Gebiet nun die Möglichkeit hatte, im oberen steilen Abschnitt neue Pisten unterschiedlichen Niveaus anzulegen. So gibt es nun neben der bereits bestehenden blauen Piste auch eine kurze rote Piste, sowie eine schwarze Piste.
![](https://cdn.wintersport.nl/media/content/2021/11/24/Bergstation_Weißseejochbahn_Kaunertal.jpg "“Bergstation der neuen Weißseejochbahn (Quelle: kaunertaler-gletscher.at)”)
Weißseejochbahn erschließt neues Skiterrain
Die Fans des Kaunertaler Gletschers können sich ab diesem Winter auf noch mehr Pistenvielfalt freuen! Im vergangenen Sommer wurde die brandneue 10er-Gondel Weißseejochbahn gebaut. Die Investition von 12,5 Millionen Euro eröffnet neue Möglichkeiten sowohl für Pistenskifahrer als auch für Freerider.
Gewaltige Aufwertung
Der Kaunertaler Gletscher ist eines von fünf Gletscherskigebieten in Tirol. Während die anderen vier im Herbst oft überfüllt sind, findet man auf dem Kaunertaler Gletscher mehr Ruhe und Entspannung. Ein Nachteil des Skigebiets war bisher jedoch, dass es keine anspruchsvollen Pisten gab. Das änderte sich bereits vor zwei Jahren mit der Eröffnung des Schwarzen Steinbocks, der steilsten schwarzen Piste Österreichs, aber auch dieses Jahr erfährt das Skigebiet einiges an Veränderung. Die brandneue 10er-Gondel Weißseejochbahn und die neue rote Schmugglerpiste (rot; 14) erschließen ein völlig neues Skiterrain und sorgen für die dringend benötigte zusätzliche Abwechslung im Skigebiet. Die Off-Piste-Hänge rund um die Gondel sind auch für Freerider sehr attraktiv.
Die Talstation der neuen Weißseejochbahn wird in der Nähe der Mittelstation der Ochsenalmbahn auf 2494 Metern liegen, die Bergstation auf 3044 Metern. Es ist der dritte Skilift im Skigebiet, der an der Grenze zu Italien endet, denn auch die Falginjochbahn und die Karlesjochbahn enden genau an der Grenze. Bei einer Geschwindigkeit von 6 Metern pro Sekunde dauert eine Liftfahrt dorthin nur etwa 6 Minuten.
Barrierefrei und innovativ
Wie beim Neubau der Falginjochbahn versucht das Skigebiet auch beim Bau der neuen Weißseejochbahn auf Barrierefreiheit zu achten. So können zum Beispiel Monoskifahrer alle Ecken des Gletscherskigebiets sicher und einfach erreichen. Neben der Barrierefreiheit wurde im Skigebiet auch auf die Raumnutzung und die Energieversorgung geachtet. Um möglichst wenig Platz für die Liftstationen zu benötigen, wurde ein völlig neues System entwickelt, bei dem die Kabinen der Talstation übereinander geparkt werden können. Außerdem wird die Station mit Solaranlagen ausgestattet, so dass der Skilift zumindest teilweise mit Sonnenenergie betrieben werden kann.
Kritik am Liftprojekt
Der Bau der neuen Gondel war nicht ganz unumstritten. Mehrere Umweltorganisationen und die Tiroler Landesumweltanwaltschaft haben das Projekt kritisiert. Es wird befürchtet, dass die neue Gondel der erste Schritt zur Verbindung nach Melag im italienischen Langtauferal sein könnte. Dieses Projekt ist vorerst auf Eis gelegt, aber die Befürchtungen sind nicht ganz unbegründet.
Außerdem wurde die Frage aufgeworfen, ob der Eingriff in die Natur bei dieser Erweiterung nicht zu groß ist. Die Tiroler Landesumweltanwaltschaft, die die Interessen von Natur und Umwelt in Tirol vertritt, ist mit ihrem Veto gegen das Genehmigungsverfahren für den neuen Lift Anfang dieses Jahres gescheitert. Es wurde entschieden, dass in diesem Fall das öffentliche Interesse den Aspekt des Naturschutzes überwiegt. Mit relativ geringen Eingriffen könnte das Projekt einen großen Nutzen für das Skigebiet und damit für die gesamte Region Kaunertal bringen. Der Skibetrieb am Kaunertaler Gletscher ist damit langfristig gesichert.
Zwei große Investitionen in kurzer Zeit
Die neue Weißseejochbahn ist die zweite Investition in kurzer Zeit für den Kaunertaler Gletscher. Nach der Fertigstellung der Karlesjochbahn im Jahr 2008 blieb es 11 Jahre lang still um die Erneuerung der Lifte. Erst 2019 wurde mit dem Bau der Falginjochbahn mit 100 Sitzplätzen wieder investiert. Die letzten Ereignisse knüpfen also an eine durchaus interessante Geschichte des Skigebiets an, schau dir deshalb auch die anderen Teile der Trilogie über den Kaunertaler Gletscher an: Teil 1 beschreibt die Skigeschichte des Kaunertals, Teil 2 zeigt die gescheiterten Projekte und in diesem 3.Teil geht es schließlich um den Bau der Falginjochbahn und der Weißseejochbahn ein.
Quellen: meinbezirk.at, kurier.at, blog.kaunertaler-gletscher.at, isr.at
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