Vorgestellt: Avoriaz - autofreier Skiort im Herzen von Portes du Soleil

SarahS

Ankunft der Kabinenbahn in Avoriaz 1975
Ankunft der Kabinenbahn in Avoriaz 1975

Die einen hassen es, die anderen lieben die Lage von Avoriaz und den Baustil eines der berühmtesten von Grund auf konzipierten Skigebiete Frankreichs. Seit seinen Anfängen in den 1960er Jahren ist Avoriaz Gegenstand heftiger Diskussionen, wenn es um Geschmack, Innovation und Komfort für Wintersportler geht. Tatsache ist, dass sich Avoriaz 2019 zu einem belebten Wintersportort auf einer schneesicheren Höhe von 1800 Metern inmitten des zweitgrößten Skigebiets der Welt, Portes du Soleil, entwickelt hat.

Trockenes, unfruchtbares Plateau

Avoriaz liegt auf einem Plateau hoch über dem Tal von Morzine. Bevor die Skiindustrie aufkam, waren die weiten Bergwiesen den Kühen vorbehalten, die im Sommer aus Morzine heraufgebracht wurden. Die Weidewirtschaft war das Einzige, was die Alpenbewohner mit der trockenen, unfruchtbaren Ebene anfangen konnten. Die Kühe gehörten meist den einflussreicheren Familien. Zwischen 1138 und 1148 waren es die Herren von Faucigny und Rovorée, die das Gebiet des heutigen Avoriaz in ihrem Besitz hatten. Letzterer Familie verdankt die Skistation auch ihren Namen, denn in dieser Zeit tauchten die Namen “Ovoreia” oder “Evoreia” erstmals auf.

Das Bergplateau von Avoriaz vor 1965
Das Bergplateau von Avoriaz vor 1965

Jean Vuarnets Vision

Anfang der 1960er Jahre war das Bergplateau noch fast leer; außer Kühen gab es nur ein paar vereinzelte Hütten, an denen der arglose Bergwanderer vorbeikam. Einer von diesen war Jean Vuarnet, ein Skirennläufer aus dem benachbarten Morzine, der 1960 bei den Olympischen Spielen in Squaw Valley Gold gewonnen hatte. Vuarnet kannte die Gegend wie seine Westentasche und wanderte auch im Winter die Flanken der Chavanette und Les Hauts Forts hinauf, um durch den unberührten Neuschnee zu fahren. Er erkannte das enorme Potenzial der Berhänge, und nach seiner Goldmedaille wurde es sein Traum, diese Berge für Skifahrer zugänglich zu machen. “Ich kann es kaum erwarten, dieses Gebiet im Winter zu eröffnen. Für die Einwohner von Morzine wäre das wie eine Reise nach Alaska!”, sagte Jean Vuarnet damals. Seine tiefer gelegene Heimat Morzine war schon lange ein beliebter Wintersportort.

Das Dorf in 1970
Das Dorf in 1970

Der erste Skilift

Am 28. Dezember 1962 wurde Avoriaz offiziell durch ein Abkommen mit der Gemeinde Morzine gegründet. Die Entwicklung eines Skigebiets wurde von der Gemeinde genehmigt. Nach dem Bau des ersten Aufzugs geriet Jean Vuarnet jedoch in finanzielle Schwierigkeiten. Er suchte jemanden, der sich mit Immobilien auskannte und auch bereit war, in seinen Traum zu investieren. Er besprach kurz darauf seine Ideen mit Robert Brémond, einem erfahrenen Bauunternehmer, der in Paris bereits viel gebaut hatte. Dieser war der Meinung, dass die Berge “etwas für die Jugend” seien und schlug seinen Sohn Gérard Brémond vor. Er sagte zu seinem Sohn: “Ich helfe dir auf deinem Weg, zahl es mir später zurück.” Mit einem Budget von (umgerechnet) 2 Millionen Euro gründete Gérard Brémond eine Lift- und Immobiliengesellschaft für Avoriaz.

Die erste Kabinenbahn 1962
Die erste Kabinenbahn 1962

Für das Projekt suchte er sich eine Gruppe junger Architekten, die ihm helfen sollten. Jean-Jacques Orzoni, Jean-Marc Roques und Jacques Labro hatten ihr Studium gerade erst abgeschlossen, aber gemeinsam mit Gérard Brémond kamen sie zu einer damals einzigartigen Formel. Avoriaz sollte den Besuchern einen Ausweg aus dem hektischen und geschäftigen Leben der Stadt bieten. Ihr Gedanke war: “Wie kann man in einem Dorf, das vom Verkehr umgeben ist, Urlaub machen?” Auch die Beziehung zur Natur und zur Umwelt war von Anfang an ein wichtiger Ausgangspunkt. Die Autos mussten am Ortseingang geparkt werden, und die Touristen durften nur zu Fuß, auf Skiern oder mit dem Schlitten durch das Dorf fahren. Außerdem durften im Dorf keine umweltschädlichen Ölöfen aufgestellt werden; alle Hotels und Wohnungen sollten elektrisch beheizt werden. Schließlich sollten sich die Gebäude bescheiden, aber harmonisch in ihre Umgebung einfügen. Ob dies in vollem Umfang gelungen ist, ist Geschmackssache, aber es ist diese Vision, die zu der besonderen Architektur geführt hat, die man auch heute noch in Avoriaz vorfindet. Die Wohnhäuser fügen sich mehr oder weniger in die Landschaft ein, und man braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen, dass sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den Felsformationen in der Umgebung des Dorfes haben.

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Pistenplan aus 1966
Pistenplan aus 1966

Pistenplan aus 1980
Pistenplan aus 1980

Nicht unumstritten

Die Vision des Teams von Gérard Brémond war nicht unumstritten. In den 1960er Jahren waren die französischen Skigebiete hauptsächlich funktionale Bauklötze. Es war eine Zeit, in der die Franzosen zeigten, dass der Mensch stärker und klüger war als die Natur. In Avoriaz wurde jedoch ein etwas subtilerer Ansatz gewählt. Die Gebäude hatten weniger scharfe Ecken und waren mit kanadischem Zedernholz verkleidet, einer Holzart, die niedrige Temperaturen verträgt und von Natur aus resistent gegen Fäulnis ist. Potenzielle Investoren hatten dafür kein Verständnis, viele weigerten sich, Geld in das Skigebiet zu investieren. Maurice Michaud, ein für die touristische Erschließung der französischen Alpen zuständiger Ingenieur, nahm auch kein Blatt vor den Mund. Er bezeichnete das erste Gebäude als “Tumor”, hielt das Dorf für einen Slum und prophezeite, dass die geplante Verbindung zur Schweiz nie gebaut werden würde. In einer Zeit, in der das Auto zum Statussymbol geworden war, war die Idee eines Skigebiets ohne Autos einfach zu bizarr.

Separates Recht
Im Jahr 1557 wurde der Besitz des Hochplateaus an die Société des Alpagistes du Crot aux Chiens, einen Zusammenschluss verschiedener Grundbesitzer, übertragen. Infolgedessen scheinen die Statuten des Gebiets eher dem sardischen als dem französischen Recht zu unterliegen. Das bedeutet, dass das Grundstück nicht an eine Person außerhalb des Bündnisses weiterverkauft werden darf. Äußerst lukrativ für die derzeit Hunderten von Besitzern, da sie nicht mehr von Kühen leben, sondern vom Verkauf der Liftkarten.

Modell der Skistation
Modell der Skistation

Für den Jetset

Auch die Anfänge waren zögerlich. Zunächst gab es auf der Tête aux Boeufs-Piste nur einen Schlepp- und einen Sessellift. Außerdem gab es im gesamten Skigebiet nur eine einzige Bar/Restaurant, welches zugleich auch als Rezeption diente und im Hinterzimmer befand sich der Schlafsaal für die Pistenarbeiter. Kurz vor Weihnachten 1966 wurde das erste Hotel in Avoriaz eröffnet, das Hotel Dromonts. Es gab gemütliche Sitzecken, sich kreuzende Gänge und Kamine. Infolgedessen nahm der Tourismus Fahrt auf. Zunächst vor allem unter dem Jetset, wo es als ‘Saint-Tropez des Neiges’ (Saint-Tropez des Schnees) bekannt wurde. Es wurde zum Lieblingsziel von Brigitte Bardot und anderen französischen Stars. Gérard Brémond war in dieser Welt gut vernetzt, so dass der Ort zu wachsen begann und die Preise für Immobilien stiegen.

Der Bau von Hotel Dromonts
Der Bau von Hotel Dromonts

Foillis-Sessellift in den 1960er Jahren
Foillis-Sessellift in den 1960er Jahren

Pierre et Vacances

Avoriaz hatte jedoch noch ein Problem: Außerhalb der Ferienzeiten war das Dorf fast leer. Brémond kam dann auf die Idee, Wohnungen auf einer Buy-to-Let-Basis zu verkaufen. Die Eigentümer könnten ihre Wohnungen zu bestimmten Zeiten nutzen, in der übrigen Zeit würde eine Agentur sie an andere Touristen vermieten. Eine Idee, die Gérard Brémond in Form von “Pierre et Vacances” reich machen sollte, einem Unternehmen, das immer noch eng mit Avoriaz verbunden ist. Später wurde das Konzept auf zahlreiche andere Skigebiete und schließlich auf Strandurlaube ausgedehnt. Mit dem Geld, das er verdiente, konnte Gérard Brémond seine Schulden abbezahlen, auch das Geld, das er sich von seinem Vater geliehen hatte.

Bildquellen: avoriaz.com

SarahS
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