Vorgestellt: Die Geschichte von Ischgl

SarahS am 27 Dezember 2021· bearbeitet am 28 November 2022

Der alte Madlein-Schlepplift, in dieser Ecke des Skigebiets steht mittlerweile kein Lift mehr (© Silvrettaseilbahn AG)
Der alte Madlein-Schlepplift, in dieser Ecke des Skigebiets steht mittlerweile kein Lift mehr (© Silvrettaseilbahn AG)

Den Marketingagenturen fehlen die Worte, wenn es darum geht, das österreichische Ischgl in einem Satz zu beschreiben. “Ibiza der Alpen”, “Lifestyle-Metropole der Alpen” und seit einigen Jahren auch “kulinarischer Hotspot der Alpen” sind Titel, mit welchen sich Ischgl rühmt. Dies war jedoch nicht immer der Fall. Das touristische Dorf im Paznauntal bestand bis in die 1960er Jahre lediglich aus einer Handvoll Scheunen. Während der Wintersporttourismus am Arlberg bereits seit Jahrzehnten florierte, deutete noch nichts auf eine solch Tourismus geprägte Zukunft Ischgls hin. Mit der Gründung der Silvrettaseilbahn AG im Jahre 1961 sollte sich das allerdings ändern. Tauche mit uns ein in die Geschichte Ischgls.

Rätoromanische Siedlung

Wie viele andere Wintersportorte war auch Ischgl vor dem Aufkommen des Tourismus ein kleines, verschlafenes Dorf, das etwa um das 9.Jahrhundert entstand. Die ersten dauerhaften Bewohner des Tals waren Rätoromanen, die aus dem Schweizer Engadin kamen. Daher stammt auch der ursprüngliche Name des Dorfes „Yscla“. Yscla bedeutet auf Rätoromanisch “Insel” und bezieht sich wahrscheinlich auf den Schwemmkegel des Fimbabaches, durch den heutzutage ein Fußgängertunnel („Dorftunnel“) führt. Der Hügel entstand durch Schutt, den der Fimbabach von den Bergen herunterspülte. Im 13. Jahrhundert siedelten sich dort im Tal schließlich die Walser an, ein Volk, das sich vom Schweizer Wallis aus über weite Teile der Schweiz, Italiens und Österreichs ausbreitete. Unter anderem auch im Kleinwalsertal.

Handel über den Berg

Die Tatsache, dass Ischgl von Rätoromanen und Walsern besiedelt wurde, zeigt, dass das Tal schon immer mehr mit der Schweiz als mit Österreich zu tun hatte. Lange Zeit gab es durch das enge Paznauntal nicht einmal eine Straßenverbindung zum restlichen Tirol. Der größte Teil des Handels wurde deshalb mit dem Engadin und Vorarlberg abgewickelt. Der Handel blühte weiter auf, nachdem Erzherzog Sigismund Ischgl 1460 das Privileg des zollfreien Verkaufs von Vieh gewährt hatte. Gleichzeitig konnte Getreide zollfrei eingeführt werden.
Die Handelswege verliefen also quer über den Berg. Ischgl war von Vorarlberg aus über das Zeinisjoch (bei Galtür) erreichbar, das das Paznauntal mit dem Montafon verbindet. Heute kann man die gleiche Strecke mit der Silvretta Skisafari auf Skiern zurücklegen, eine Tagestour, die im Montafon startet und über das Skigebiet Silvretta Bielerhöhe und Galtür zurück ins Montafon führt.
Das Engadin konnte damals problemlos über das Fimbatal bei Ischgl erreicht werden. Die wichtigste Verbindung verlief aber über den damals noch gletscherfreien Vermuntpass, eine kleine Straße, die entlang des Silvretta-Hochgebirges nach Guarda, einem Dorf im (Unter-)Engadin, führte. Im Jahr 1622 wurde diese Straße absichtlich zerstört, um feindlichen Truppen aufzuhalten. Die Mühe allerdings, hätte man sich sparen können, da der Pass bald darauf vergletscherte (Kleine Eiszeit). Im 18. Jahrhundert kam der Handel über diesen Weg letztendlich vollständig zum Erliegen.

Skifahren über den Berg

Die Verbindung Ischgls mit den Gebieten auf der anderen Seite des Berges beschränkt sich keinesfalls auf den Handel. Heutzutage dreht sich in Ischgl alles um den Wintersport und die Silvretta Arena Ischgl - Samnaun ist ein Skigebiet, in dem man buchstäblich mit den Skiern über den Berg in die Schweiz fährt. Denn Ischgl ist seit 1979 mit dem schweizerischen Samnaun verbunden. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum dieses Skigebiet eine besondere Anziehungskraft hat. Bis es aber so weit war, stand die Zeit lange still. Bis Anfang der sechziger Jahre war von der florierenden Wintersportindustrie, die dem Dorf so viel Wohlstand bringen sollte, nichts zu spüren.
Am 18. April 1961 gründeten 73 Aktionäre im Hotel Post die “Silvrettaseilbahn Aktien - Gesellschaft Ischgl”. Einen Monat später wurde bereits der Bau der Silvretta Seilbahn, der ersten Bahn von Ischgl zur Idalp, in Auftrag gegeben. Ohne die Hartnäckigkeit der Herren Erwin Aloys und Rudolf Wolf wäre es nicht möglich gewesen, die Bevölkerung, die bis dahin von der Landwirtschaft lebte, davon zu überzeugen, ihr Geld in einen Skilift zu investieren.

Ausbau der Brücken um die schweren Liftseile der ersten Silvrettabahn über die Bielerhöhe zu transportieren.(© Silvrettaseilbahn AG)
Ausbau der Brücken um die schweren Liftseile der ersten Silvrettabahn über die Bielerhöhe zu transportieren.(© Silvrettaseilbahn AG)

Transport über den Berg

Im Jahr 1962 wurde mit dem Bau der Silvrettabahn, der damals längsten Seilbahn Österreichs, begonnen. Das Aufzugskabel wog nicht weniger als 63 Tonnen. Wie in den vergangenen Jahrhunderten war die “logischste” Route von Tirol durch das Paznauntal nicht geeignet. Wieder musste man von Vorarlberg aus über die Bielerhöhe (die Silvretta Hochalpenstraße) den Berg überqueren. Zahlreiche Brücken mussten verstärkt und Straßenabschnitte verbreitert werden, um den Transport zu ermöglichen.
Während des Testlaufs am 16. März 1963 kam es zu einer Katastrophe. Das Tragseil riss, eine der Gondeln stürzte ab und eine Person wurde schwer verletzt. Ischgl drohte der finanzielle Ruin, doch man zögerte nicht lange und begann sofort mit dem Wiederaufbau. Am 15. Dezember konnte der Lift schließlich in Betrieb genommen werden. Bereits eine Woche später folgte die Inbetriebnahme des Idjochlifts, dem erste Schlepplift auf der Idalp.

Das Unglück der Silvrettabahn am 16. März 1963.(© Silvrettaseilbahn AG)
Das Unglück der Silvrettabahn am 16. März 1963.(© Silvrettaseilbahn AG)

Der Idjoch-Schlepplift auf der Idalp. (© Silvrettaseilbahn AG)
Der Idjoch-Schlepplift auf der Idalp. (© Silvrettaseilbahn AG)

Die Idalp wurde erschlossen

Mit dem Idjochlift hatten die Wintersportler erstmals die Möglichkeit, auf der Idalp Ski zu fahren – dem heutigen, belebte Herzstück des Skigebiets. Bisher konnten nur Tourenskifahrer mit ihren Fellen dorthin gelangen. Nun nahm die Entwicklung Fahrt auf. Ein Skilift nach dem anderen wurde gebaut. Anstelle des Idjochlifts stehen mittlerweile drei Skilifte mit jeweils höherer Kapazität. Dies war notwendig, weil seit dem Bau der Verbindung mit Samnaun im Jahre 1979 immer mehr Wintersportler den Berg überqueren wollten, um auf Skiern in die Schweiz fahren. Das Idjoch liegt genau auf der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz. Um noch mehr Menschen den Übergang zu ermöglichen, wurde im Jahr 1993 die Flimjochbahn gebaut und inzwischen gibt es vier verschiedene Orte, an denen man in die Schweiz ein- und ausreisen kann. Die Grenze liegt genau auf dem Bergrücken.

Pistenplan aus 1963-1964
Pistenplan aus 1963-1964

Pistenplan 1982-1983
Pistenplan 1982-1983

Pistenplan 2018-2019
Pistenplan 2018-2019

Die heutige Idalp.
Die heutige Idalp.

Ein Skigebiet ohne Grenzen

Parallel zur Entwicklung des Skigebiets hat sich Ischgl auch abseits der Pisten einen Namen gemacht. Die Paznauner Taja, der Kuhstall und die Trofana Alm wurden zu wichtigen Schauplätzen für ein immer größer werdendes Partypublikum. Auch die Veranstaltungen, die diesen Gruppen gefallen sollten, wurden intensiver und umfangreicher. Die Top of the Mountain Eröffnungs- und Abschlusskonzerte mit berühmten und besonders teuren Künstlern sind ein Beispiel für den dort gelebten Massen- und Eventtourismus. Aber auch der Pacha Nightclub und sogar der Burger King in diesem ehemals so traditionellen Dorf sorgen für eine gewisse ausgelassene und zügellose Atmosphäre. In Analogie zu den Rätoromanen und Walsern, die vor Jahrhunderten im Paznauntal siedelten, werden weder Kosten noch Mühen gescheut.

SarahS
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