Nachhaltigere Pistenpräparierung mit Pistenbullys

SarahS am 19 Oktober 2023

Pistenpräparierung im high-tech Modus.
Pistenpräparierung im high-tech Modus.

Nachhaltigkeit und Wintersport sind nach wie vor zwei Themen, die sich nur schwer unter einen Hut bringen lassen. Doch dank ständiger Weiterentwicklung der Technologien und Strategien kann auch der Wintersport nachhaltiger werden. GPS-gesteuerte Pistenpräparierung ist nur eines aus vielen Beispielen. Wir besuchten Alexander Neumayer, den Leiter des Pistenbully-Dienstes in Söll, der vor kurzem auf eine neue Arbeitsweise umgestellt hat: nachhaltige Pistenpräparierung mit hypermodernen Pistenbullys.

Effizienter umgehen mit Schnee

Gut zu Wissen: Pistenbully ist eigentlich ein Markenname für Pistenraupen

Mit ordentlich Lärm starten die Motoren der Pistenbullys an der Talstation des Keatlifts in Hochsöll. Offenbar ist Pistenschluss und die Abendschicht kann sich an die Arbeit machen. Ich sitze in Alexander Neumayers kleinem Büro und starre auf eine digitalisierte Darstellung des Skigebiets. Alexander scheint mir nicht der Typ zu sein, der viel Zeit hinter Bildschirmen verbringt, aber er macht es gut. Das verändert ein wenig das romantische Bild, das ich von Pistenbully-Fahrern hatte. In meinen Augen wurden die großen Schneepflüge auf Raupenketten von zähen, bärtigen Bergbewohnern gefahren, die sich nicht scheuten, im Stockdunkeln ohne Navigation über steile Hänge zu fahren. Diese “Helden der Nacht” können einen solchen 9-Tonnen-Stahlkoloss quasi blind bedienen, manchmal vielleicht sogar heimlich unterstützt von einem warmhaltenden Aperitif. Indem sie Nacht für Nacht die gleichen Pisten hinunterfahren, wissen die routinierten Fahrer genau, wo der Schnee zu dünn wird oder die Piste sogar unpassierbar ist. Abhilfe schafft ein großer Batzen Schnee von der Schaufel.
Mit Hilfe von GPS-Präparierung gehört dies nun der Vergangenheit an. Naja, vielleicht nicht ganz die des stereotypen Fahrers, wenn man nach den Pin-ups an der Bürowand urteilt, sondern die des verschwenderischen Umgangs mit Schnee und Kraftstoff. “Durch die Schneeanalyse auf Basis von Messdaten können wir jetzt viel effizienter arbeiten, mit den notwendigen ökologischen und finanziellen Vorteilen. Gut für uns und gut für die Natur! Aber auch die Besucher profitieren davon. Denn wer würde sich nicht wünschen, dass eine Talabfahrt durch eine effizientere Schneenutzung drei Wochen länger geöffnet bleibt”, erklärt Alexander. Skigebiete wie Gstaad, Jungholz, Alpe d’Huez und Garmisch-Partenkirchen nutzen diese Technologie bereits seit einigen Jahren, und nun hat sich auch die Skiwelt Wilder Kaiser - Brixental, zu der Söll gehört, angeschlossen.

Alexander Neumayer zeigt uns die aktuelle Schneeanalyse für das Skigebiet.
Alexander Neumayer zeigt uns die aktuelle Schneeanalyse für das Skigebiet.

Es is Nachmittag: höchste Zeit um die Pisten wieder in Ordnung zu bringen!
Es is Nachmittag: höchste Zeit um die Pisten wieder in Ordnung zu bringen!

Vorteile der Schneedickenmessung

Eines der ersten Unternehmen, das mit der Digitalisierung des Workflows experimentierte, war die Kässbohrer Geländefahrzeug AG, die unter anderem den Pistenbully (die Marke) herstellt. Sie implementierten 2011 das SNOWsat-System in ihre Pistenbullys. Bei diesem System dreht sich alles um die Überwachung der Schneehöhe. “Wenn Sie die Schneehöhe kennen, können Sie sich die Herstellung von teurem Kunstschnee in der Vor- und Nachsaison sparen. Wenn Sie z. B. feststellen, dass die Schneeschicht irgendwo dünner wird, können Sie sie mit Schnee von einer anderen Stelle auffüllen, wo sie (zu) dick ist. Kein Rätselraten mehr, sondern exakte Wissenschaft”, sagt Alexander. “Weil Sie alles im Griff haben, müssen Sie weniger Kunstschnee produzieren, etwa 15 %. Das spart eine Menge Energie und Wasser. Außerdem können Sie weniger Pistenstunden machen, was ebenfalls Kraftstoff spart, etwa 8 %. Das ist auch gut so, denn an einem Vorbereitungsabend kann man leicht 200 Liter Diesel verbrauchen. Schließlich verhindert das Messen auch, dass Sie den Boden - in Österreich oft von Landwirten oder der Gemeinde gepachtet - beschädigen oder gegen verschneite Gegenstände stoßen.”

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Unterschiede im System

Mittlerweile gibt es weitere Anbieter auf dem Markt, wie z.B. Leica iCON Alpine und SnowGage, die ein nachrüstbares System, unabhängig vom Fahrzeugtyp, anbieten. Aber wie genau funktioniert das? Sie alle nutzen GPS, um die Koordinaten des Pistenbullys zu übertragen, während er den Berg hinunterfährt. Dann gibt es zwei Möglichkeiten:

  • ** Luftsondierung: ** Das eine System arbeitet mit Luftsondierung, dabei misst ein Satellit die genaue Position/Höhe des Raupenfahrzeugs und subtrahiert diese von der zuvor gemessenen Geländehöhe, als kein Schnee lag. Der Unterschied ist die Schneedicke, die bis auf 2,5 Zentimeter genau ist.
  • ** Breitband-Radarsystem:** Die zweite Variante arbeitet mit einem sogenannten Breitband-Radarsystem, welches mittels einer Box an der Pistenraupe montiert wird. Es sendet ein Signal durch den Schnee zum Boden und misst so die Dicke mit einer Genauigkeit von 5 Zentimetern!
    Letztere Option ist natürlich günstiger, da man kein gekoppeltes Satellitensystem verwenden muss, das von Sendemasten und Kontrollräumen unterstützt wird. Auf diese Weise kann auch ein kleineres Skigebiet mit einem kleineren Budget nachhaltiger Pisten präparieren. Der nächste Schritt ist in beiden Fällen wieder derselbe. Die Daten werden in Pixelschichten auf einer Google Maps-ähnlichen Karte angezeigt, die Schichten ändern ihre Farbe, wenn Schnee entfernt oder hinzugefügt wird. Alexander: “So erhalten unsere Fahrer Echtzeitdaten auf dem Display in der Kabine und können dann entsprechend handeln. Die Messdaten können auch grafisch dargestellt und als Karte mit Schneehöhen ausgedruckt werden; so lassen sich schneearme Hangabschnitte oder Schneeablagerungen sofort erkennen.” Die neueste Ergänzung dieses Systems ist ein Lasergerät, das nicht nach unten misst, sondern das Geschehen in der Schneedecke 10 bis 40 Meter voraus scannt. Dadurch kann das Räumschild im Voraus auf die richtige Arbeitshöhe eingestellt werden.

Emissionsfrei: Auf der Messe Interalpin 2019 in Innsbruck präsentierte Kässbohrer seinen Plan für eine emissionsfreie Pistenpräparierung: den Pistenbully 100 E. Dieser vollelektrische Schneepflug ist der Nachfolger des Modells 600 E± aus dem Jahr 2012 mit dieselelektrischem Antrieb.

Mit Hilfe Computer-gesteuerter Schneekanonen kann noch präziser gearbeitet werden.
Mit Hilfe Computer-gesteuerter Schneekanonen kann noch präziser gearbeitet werden.

Kopplung mit Schneekanonen

Die Effizienzsteigerung beschränkt sich aber nicht allein auf GPS-gestützte Pistenpräparierung! Während zuerst nur die Pistenraupen den Unterschied machten, wurde die Flotte nun erweitert. “Durch die Einbindung unserer computergesteuerten Schneekanonen in das Netzwerk können diese nun auf die ‘dünneren’ gemessenen Schneeschichten gerichtet werden. Und sie werden bei dickeren Schichten deaktiviert, wodurch ein effektiver Doppelschlag entsteht. Wir müssen kaum noch das Büro verlassen”, scherzt Alexander. Es ist klar: Diese detaillierte Analyse der Schneehöhe und des Managements macht ein Skigebiet nachhaltiger als zuvor. Es erleichtert auch den rauen Beruf des Pistenbully-Fahrers, wodurch vielleicht der ein oder andere Interessierte doch in den Beruf des Pistenbully-Fahrers einsteigt. Bisher ist der Ansturm nämlich eher gering, und trotz aller technischen Hilfsmittel werden immer noch fitte Fahrer benötigt, die für uns die Pisten wieder in Ordnung bringen.

Tipp: In einigen Skigebieten kannst du eine Ausflug mit einem Pistenbully buchen, bei der du alles über die Pistenpräparierung erfährst. Reservierungen können in der Regel an den Kassen der Liftgesellschaften vorgenommen werden;

SarahS
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