Langzeit- Wettervorhersage für die Alpen Saison 2023/2024

Roel am 23 Oktober 2023

Werden wir endlich wieder einen schneereichen Winter bekommen?
Werden wir endlich wieder einen schneereichen Winter bekommen?

Wenn es laut der lokalen Bevölkerung in den Südfranzösischen Alpen, welche die Schneevorhersage anhand des gelben Gentians machen, wird 2023/2024 ein schneereicher Winter! Aber was sagen die echten Wettermodelle über den kommenden Winter? Dies sind die offiziellen saisonalen Vorhersagen für 2023/2024.

Großflächige Luftdruckverteilung

Wir beginnen mit der großflächigen Luftdrucklage in diesem Winter. Das europäische Modell (ECMWF) gibt im Folgenden die erwartete Luftdruckanomalie (d.h. nicht die Temperatur) an, im MIttel über die Wintermonate Dezember, Januar und Februar. Daraus kannst du dir ein Bild von der vorherrschenden Windrichtung in Europa machen. Du siehst, dass der erwartete Luftdruck über West- und Nordeuropa niedriger als normal ist, was auf überdurchschnittliche Winde aus Südwest, relativ mildes Wetter und Unbeständigkeit hindeutet. Letztes Jahr sah diese Vorhersagekarte noch ganz anders aus, nämlich mit viel Gelb und Orange. Mit anderen Worten: Damals wurde viel mehr Hochdruck mit ruhigem, recht sonnigem Wetter vorhergesagt. Diese Vorhersage ist eingetreten.

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Außerdem stehen wir vor einer sich verstärkenden El-Nino-Phase, die ihren Höhepunkt in der Wintersaison erreichen wird. El Nino bedeutet höhere Meerestemperaturen vor der Küste Südamerikas, die sich stark auf das Wetter in Amerika auswirken und weltweit zu leicht höheren Temperaturen führen. Auf das Wetter in Europa sind die Auswirkungen ansonsten marginal. Das bedeutet nicht, dass das Phänomen keinen Einfluss hat, sondern nur, dass es viel schwieriger ist, zuverlässige Anzeichen zu finden. Es gibt zu viele andere Faktoren und wir sind einfach zu weit vom Ursprungsgebiet entfernt.

ECMWF: Mild, möglicherweise Schneefall in den Südalpen

Wir kehren zum europäischen Modell zurück, da es auch monatliche Prognosen für Temperatur und Niederschlag erstellt. Auf den ersten Blick sind die Temperaturberechnungen für Dezember bis März nicht sehr winterlich. Alle Monate sind deutlich wärmer als normal und das in fast ganz Europa. Der Februar sticht dabei mit 1-2 Grad wärmerem Wetter als im Durchschnitt heraus.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn das europäische Modell sagt normale bis deutlich höhere Niederschlagsmengen voraus. Vor allem in den Südalpen und das bietet einige Chancen. Es bestätigt den Südwestwind als vorherrschende Windrichtung, was günstig für die Entstehung von Genua-Tiefs und Südstaus ist. Diese können in den italienischen und (süd-)französischen Alpen für viel Schnee sorgen, vorausgesetzt, es ist während dieser Niederschläge etwas kälter. Außerdem kann es bei einem starken Südstau durch die Abkühlung des Niederschlags leicht bis in die Täler schneien. In den Nordalpen tendiert diese Entwicklung eher zu höheren Schneegrenzen, da es hier an Stauung (der Wolken) mangelt und der Föhn daher durchbrechen kann.

Jetzt kam Anfang Oktober eine sehr schneereiche Wintervorhersage für die Nordalpen auf severe-weather.eu, die ebenfalls auf dem europäischen Modell basiert. Vielleicht liegt es an mir, aber ich habe diese Karten nicht finden/reproduzieren können.

CFSv2: Mild und sehr variabel

Die US National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) verwendet das Coupled Forecast System (CFSv2) für saisonale Berechnungen. Letztes Jahr war das Modell - wie die anderen Langzeitmodelle - sehr genau, was die hohen Temperaturen angeht, aber bei den Niederschlägen war das Modell zu großzügig. Jetzt berechnet das Modell wieder einen relativ milden Winter. Alle Wintermonate sind 1 bis 2 Grad milder als im langjährigen Durchschnitt.

CFSv2 Temperaturanomalie pro Monat
CFSv2 Temperaturanomalie pro Monat

Die Niederschlagsvorhersage des CFSv2 ist viel unberechenbarer. Der Dezember ist noch relativ normal, aber Januar, Februar und März sind nasser als normal. Besonders in den Nordalpen. Der März ist in fast ganz Mittel- und Südeuropa ausgesprochen nass. Die Kombination aus mildem Wetter und Niederschlägen in den Nordalpen deutet auf südwestliche Winde mit einigen aktiven Wärmefronten hin. Die Erfahrung lehrt, dass solche Fronten viel Regen, aber auch viel Schnee bringen können. Der Winter 2017/2018 ist ein gutes Beispiel dafür. Mildere Phasen dazwischen können auch ursächlich dafür sein, warum die Durchschnittstemperaturen höher sind.

Und das warme Meerwasser?

Dann das Meerwasser: Mit 22-24 Grad ist das Mittelmeer derzeit noch 3-5 Grad wärmer als der langjährige Durchschnitt (1982-2011); auch der Atlantik vor Frankreich und Spanien ist wärmer als normal. Das haben wir dem langen, heißen Sommer zu verdanken, der bis in den Oktober hinein anhielt. Vor der Küste von Triest lag die Meerwassertemperatur Anfang Oktober immer noch bei rekordverdächtigen 23 Grad, ein Wert, der für August normal ist. Das Wasser kühlt viel langsamer ab als das Land, so dass die Auswirkungen noch lange anhalten können. Zum Beispiel in Form von starken Regenschauern im Herbst, aber auch zu Beginn des Winters. Warmes Wasser kann die Niederschlagsintensität für eine lange Zeit anregen.

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Die Meerwassertemperatur bei Triest war Anfang Oktober auf Rekordniveau (Quelle: ARPA FVG)
Die Meerwassertemperatur bei Triest war Anfang Oktober auf Rekordniveau (Quelle: ARPA FVG)

Ein solches “Becken” mit warmem Wasser vor der Haustür bedeutet nicht, dass es automatisch öfter regnet als schneit. Die Temperatur in den Alpentälern ist mehr oder weniger abgekoppelt von dem, was im Meer passiert, oder anders gesagt, die Wassertemperatur hat wenig Einfluss auf die Schneefallgrenze. ‘Wenn das Wasser noch warm ist, sollten wir uns eher Sorgen machen, ob die Skigebiete und Dörfer die Schneemengen verkraften können’, sagt der österreichische Meteorologe Johannes Vergeiner, den ich diesen Sommer zu diesem Thema interviewt habe. Für alle, die mehr über den Klimawandel und das Winterwetter wissen wollen, der Artikel erscheint später in der Saison auf dieser Seite.

Fazit

Wenn wir uns auf die Rechenkünste der großen Wettercomputer verlassen, stehen die Chancen gut, dass wir einen milden Winter erleben werden. Sowohl ECMWF als auch CFSv2 gehen von deutlich überdurchschnittlichen Temperaturen aus. Die Berechnungen des German Climate Forecast System (GCFS) und des International Research Institute for Climate & Society (IRI) - zwei weitere Berechnungen - stimmen damit überein, und wir sollten keine abschwächende Wirkung des anschwellenden El Nino erwarten.

Dennoch gibt es eine Perspektive, denn fast alle Modelle berechnen im Gegensatz zu 2022/2023 mehr als genug Niederschlag für die gesamte Saison. Dieser Niederschlag muss nur zu guten (kälteren) Momenten fallen, oder während eines starken Süd-, West- oder Nordstaus. Der einzige Ausreißer bei den saisonalen Berechnungen ist das kanadische CanSips-Modell. Das berechnet für Januar und Februar deutlich kälteres Wetter als normal und viel Niederschlag. Ein Traumszenario, das eher unwahrscheinlich erscheint, aber natürlich nicht auszuschließen ist. Auch wenn die saisonalen Vorhersagen im letzten Jahr gut abgeschnitten haben, liegen sie immer noch weit hinter einer normalen Wettervorhersage zurück und werden in der Zwischenzeit manchmal angepasst. Außerdem ist es sehr interessant, was die Zukunft bringt, denn die ersten maschinellen KI-Wettermodelle für regelmäßige Wettervorhersagen stehen schon in den Startlöchern. Erste Anzeichen sind vielversprechend. Fortsetzung folgt, keine Frage!

Roel
Roel ist schon seit 2009 unser beliebter Wettermann für das Skiwetter. Fast täglich schreibt er über Sonne, Schnee und Hintergründe rund um das Thema Skiurlaub.
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