Der Vormarsch des Early Bird Skifahrens

BenB am 04 März 2024

Foto: Zillertal tourismus/Bernhard Huber
Foto: Zillertal tourismus/Bernhard Huber

Neben Kaiserwetter oder blue bird - strahlend blaues, sonniges Wetter - verwendet man heutzutage auch den Ausdruck early bird beim Wintersport. Es ist der trendige Name für das Phänomen des “Sonnenaufgangs-Skifahrens”. Der Begriff Frühaufsteher geht auf das Jahr 1605 zurück - dazu später mehr - aber die Aktivität ist noch nicht so alt. Skifahren am frühen Morgen wird immer beliebter, da die Lifte für einige wenige immer früher öffnen.

Morgens am besten

Wintersport ist für viele bereits ein Morgensport. Freerider sind bestens damit bekannt, früh aus den Federn zu kommen, um unverspurte Hänge nach Schneefällen aufzusuchen. Aber auch um perfekt präparierte Pisten zu genießen, musst du früh da sein, vor allem, wenn es in den Ferienzeiten etwas voller ist und die Pistenverhältnisse am Ende des Tages schlechter werden. Wenn die Lifte öffnen, stehen die Skifahrer oft schon Schlange, um als Erste auf den Berg zu kommen. Wenn du das Beste aus deinem Wintersporttag machen willst, musst du das tun, denn in den meisten Gebieten schließen die Lifte am späten Nachmittag. Der Wunsch, den Wintersporttag länger zu machen, ist schon seit Jahrzehnten deutlich, wie das Abend- oder Nachtskifahren beweist. Dieses Phänomen hat seinen Ursprung im Jahr 1936, als der amerikanische Bousquet Mountain dank einer lokalen Partnerschaft mit General Electric und Pittsfield Electric seine Pisten beleuchten konnte. In vielen Fällen musst du für diese Aktivität extra bezahlen: Nachtskifahren ist oft nicht im Skipass enthalten. In letzter Zeit haben jedoch einige Skigebiete das Nachtskifahren in den Skipass aufgenommen, so dass es mehr kostet. In Skandinavien ist das Skifahren bei Flutlicht in den Wintermonaten teilweise Standard, da die Sonne nicht oder nicht lange zu sehen ist.

Beim Nachtskilauf werden die Öffnungszeiten ausgedehnt
Beim Nachtskilauf werden die Öffnungszeiten ausgedehnt

Als Erster auf den Berg

Ein Grund dafür, das Abendskifahren zum Bestandteil des Skipasses zu machen, ist, dass die Skigebiete jetzt ein neues zusätzliches Wintersporterlebnis entdeckt haben: das Sonnenaufgangsskifahren. In vielen Gebieten ist es möglich, an bestimmten Tagen früher auf die Pisten zu gehen, um deinen Skitag zu verlängern. Gegen einen Aufpreis kannst du mit einer Gruppe vor Sonnenaufgang auf den Berg fahren, um manchmal als Erster die perfekt präparierten Pisten hinunterzufahren.

Der Ursprung dieses Phänomens ist nicht ganz klar: Manche sagen, es sei aus Nordamerika herübergekommen, aber es ist auch durchaus denkbar, dass die Sonnenaufgangsfahrten Sommerskigebiete inspiriert haben. Mittlerweile kann man sie schon an vielen Orten in den Alpen machen, in verschiedenen Varianten mit Namen wie Early Bird Skiing, First Track, First Line oder Sonnenaufgangsfahrt. Manchmal handelt es sich um eine einzelne lange Abfahrt, manchmal kannst du das ganze Gebiet vor der Öffnungszeit erkunden. Ein komplettes Frühstück auf dem Berg kann Teil des Pakets sein, in anderen Fällen geht es nur um das Skifahren selbst. Aufgrund der Beliebtheit dieses Phänomens haben sich bereits verschiedene Niveaus und Geschmäcker herausgebildet: vom sportlichen Rennen durch das Gebiet bis zum gemütlichen Cruisen auf überwiegend blauen Pisten. So kann jeder Wintersportler an diesem besonderen Erlebnis teilhaben und auf perfekt präparierten, leeren Pisten einen Sonnenaufgang am Berg genießen.

HochjochTotale in der Silvretta Montafon
HochjochTotale in der Silvretta Montafon

Praxisbeispiel

Ein Beispiel für ein solches Sonnenaufgangs-Skierlebnis ist die HochjochTotale im österreichischen Silvretta Montafon, das seit 2009 das Sonnenaufgangs-Skifahrens anbietet. Für 49 Euro pro Person (mit gültigem Skipass) schalten sie um 7.30 Uhr die Lifte speziell für eine begrenzte Gruppe an und bringen dich bis zum höchsten Punkt des Gebiets. Auf der Hochalpila auf 2.430m wirst du von den ersten Sonnenstrahlen des Tages verwöhnt. Dann geht es in Begleitung von Guides auf die Abfahrt: 12km und fast 1.700 Höhenmeter leere Pisten bis nach Schruns auf 700m Höhe. Die Guides sind vor allem dazu da, um sicherzustellen, dass niemand in der Gruppe von der Route abweicht, denn sonst landet man an Liften, die erst eine Stunde später öffnen. Nach der Abfahrt geht es wieder hinauf, um im Bergrestaurant Kapell auf 1.855m ein üppiges Frühstücksbuffet einzunehmen.

In anderen Skigebieten geht es nicht um eine einzige Piste, sondern du kannst frühmorgens das ganze Gebiet durchqueren. In Hochkönig gibt es zum Beispiel das Early Morning Skiing und in Großarl hat dieses Phänomen den besonderen Namen Skikeriki. Das Prinzip ist jedoch dasselbe: Du fährst frühmorgens mit einer überschaubaren Gruppe auf den Berg, beobachtest den Sonnenaufgang und fährst die ersten Spuren in den Schnee, gefolgt von einem Frühstück auf dem Berg. Und danach muss dein normaler Skitag erst noch beginnen! Es ist sehr empfehlenswert für Sportbegeisterte und vor allem ein besonderes Erlebnis, so früh am Morgen der Erste auf dem Berg zu sein und den Sonnenaufgang zu erleben.

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Nachteile

Wintersport außerhalb der regulären Öffnungszeiten ist also spannend und besonders für Wintersportler und gut für die Skigebiete, die dadurch zusätzliche Einnahmen erzielen können. Gibt es denn keine Nachteile? Jein. Weniger gut ist es für die Tiere, die die Berge normalerweise frühmorgens für sich haben. Das sind oft scheue, nachtaktive Tiere, die die Nachtstunden brauchen, um ungestört nach Nahrung zu suchen. Wenn die Öffnungszeiten der Skigebiete ausgedehnt werden und die Menschen auch am frühen Morgen auf dem Berg sind, wird ihr Lebensraum eingeschränkt. Bei der Alpeninitiative “Respektiere deine Grenze” geht es also nicht nur um Raum, sondern auch um Zeit.

Apropos Tiere: Der Begriff “frühe Vögel” stammt aus der englischen Redewendung “The early bird catches the worm” aus einem Buch mit Sprichwörtern von William Camden aus dem Jahr 1605. Dahinter steckt die Idee, dass die Vögel, die am frühesten aufwachen, am ehesten eine gute Mahlzeit fangen, weil es dann nicht viele andere Vögel gibt, die nach Würmern suchen. Genau das Gleiche gilt für Wintersportler im Kampf um die perfekten Pisten: Wer als Erster auf dem Berg ist, kann die heiß ersehnte Abfahrt länger genießen. Dass damit ein Einnahmemodell, also eine Art Klassengesellschaft im Skisport, verbunden ist, wirst du im Tierreich wohl eher nicht antreffen.

BenB
Ben arbeitet seit über 20 Jahren im Tourismus und ist Spezialist für den Verkauf von Skireisen.
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